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22. Juni 2017 | Parlament

Das unehrliche Lockangebot Christian Kerns

Der Kanzler stellt mit Kriterienkatalog und Koalitionsbedingungen der ÖVP die „blaue Rute“ ins Fenster.

Foto: spoe.at (Christian Kern, 14.06.2017)

Die SPÖ-Spitzengremien haben die Weichen für die Aufhebung der „Vranitzky-Doktrin“ gestellt, die jegliche Koalition mit der FPÖ verbietet. Damit will SPÖ-Kanzler Christian Kern  die Ausgangslage für die Genossen verbessern, nach der Nationalratswahl am 15. Oktober nicht erneut an eine Neuauflage von Rot-Schwarz gebunden zu sein. Die FPÖ zweifelt an der Ernsthaftigkeit und kritisiert die Inhalte des roten Koalitionsanbots.

Die wahren Hintergründe erklärte SPÖ-Chef Kern einem kleinen Kreis von Journalisten bereits Dienstags abends im Kanzleramt: „Die bisherige Position hat uns erpressbar gemacht. Uns wurden Kompromisse abverlangt, die wir nicht wollten.“ – Mit anderen Worten: Kern stellt damit in erster Linie der ÖVP die Rute ins Fenster. Denn die sieben „unverbrüchlichen Bedingungen“ des am Mittwoch vergangener Woche präsentierten „Kriterienkatalogs“ werden von der FPÖ bereits längst erfüllt. Bei den nachgelieferten sieben Koalitionsbedingungen sieht es allerdings schon wieder anders aus.

No-na-Forderungen

Werden in ersterem vom künftigen Koalitionspartner der SPÖ ein Bekenntnis zu Österreich, den Menschenrechten, der EU, der sozialen Sicherheit, der Gleichheit der Geschlechter, aber auch zur Freiheit der Kunst abverlangt, so geht es bei den Koalitionsbedingungen nicht weniger unpräzise zur Sache: Da listen die Genossen die Einführung einer Erbschaftssteuer ab einer Million Euro, die Einstellung von 5.000 zusätzlichen Lehrern und 2.500 Polizisten, eine Gratiskinderbetreuung ab dem 1. Lebensjahr, eine Entlastung des Faktors Arbeit um drei Milliarden Euro, einen Mindestlohn von 1.500 Euro sowie eine Volksbefragung über eine Verwaltungsreform auf.

Ausgrenzungs-Beschluss bleibt?

FPÖ-Obmann HC Strache verwies darauf, dass der Parteitagsbeschluss für die FPÖ-Ausgrenzung seitens der Genossen nach wie vor aufrecht sei. Daher sei die Position der FPÖ klar: „Man verhandelt nicht mit jemandem, der einen solchen aufrechten Beschluss hat.“ Der Dritte Nationalratspräsident Norbert Hofer wies den SPÖ- Chef via Twitter auf ein grundsätzliches Missverständnis hin, das in der SPÖ aufgrund der „Vranitzky-Doktrin“ Platz gegriffen habe: „Kern hat uns heute auf das Spielfeld eingeladen. Dabei waren wir aber schon die ganze Zeit da.“ Für FPÖ-Generalsekretär Herbert Kickl stellte der „Kriterienkatalog“ lediglich eine rote „Nabelbeschau zum Zweck des eigenen Machterhalts“ dar, mit der sich Kern der FPÖ anbiedern wolle: „Wer mit uns nur zum Zweck des eigenen Machterhalts und nicht zur Umsetzung echter Reformen nach einer Wahl über mögliche Koalitionen reden will, ist am falschen Dampfer unterwegs. Das gilt gleichermaßen in Richtung Kern-SPÖ und Kurz-ÖVP.“

FPÖ kontert mit Forderungen

Den Ausdruck von Gesprächsbereitschaft von Seiten der SPÖ gegenüber der FPÖ wertete er als „längst überfälliges Herstellen einer demokratischen Selbstverständlichkeit“, aber nicht als einen großen politischen Wurf. Wer mit der FPÖ auf Basis des Wahlergebnisses eine Zusammenarbeit anstrebe, müsse bereit sein, die inhaltlichen Schwerpunkte freiheitlicher Politik umzusetzen, betonte Kickl: „Dazu müssen sowohl SPÖ als auch ÖVP Punkt für Punkt Farbe bekennen!“ In diesem Sinne müssten SPÖ wie ÖVP einmal abklären, ob sie künftig eine klare Differenzierung zwischen Einwanderung und Asyl treffen und umsetzen, ob sie das Zwangssystem – beginnend beim ORF bis hin zu den Kammern – aufrechterhalten, ob sie den Bürgern mit direkt-demokratischen Werkzeugen volle Mitbestimmung geben und ob sie für ein differenziertes Bildungssystem stehen wollen, das sich an den Begabungen und nach den Talenten der Kinder orientiere. Erst wenn sich die beiden Parteien dieses „Gütesiegel einer echten patriotischen rot-weiß-roten Politik“ – nämlich immer auf der Seite Österreichs zu stehen und nicht vor den Eurokraten in Brüssel einzuknicken – verdient hätten, kämen sie als Koalitionspartner für die FPÖ in Frage, stellte Kickl klar.

NFZ 22.06.2017


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