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08. Juli 2022 | Wirtschaft

Russland-Sanktionen: Deutschland zittert um die Gasversorgung

Europas Konjunkturmotor drohen im Herbst Stilllegungen von Industrie-Giganten.

Deutschlands grüner Wirtschaftsminister Robert Habeck ruft zum Energiesparen auf.

Deutschlands grüner Wirtschaftsminister Robert Habeck ruft zum Energiesparen auf. Foto: Bundesministerium für europäische und internationale Angelegenheiten / NFZ

In wenigen Tagen wird gar kein Erdgas aus Russland nach Deutschland kommen, wegen Wartungsarbeiten. Es wird befürchtet, dass Moskau wegen der treibenden Rolle Berlins bei den Sanktionen danach den Gashahn gar nicht mehr aufdrehen oder weiterhin nur noch geringe Gasmengen liefern wird. Ein Horror-Szenario für das Industrieland.

Nach Ausrufung der Alarmstufe im Notfallplan Gas warnt der Präsident der deutschen Bundesnetzagentur, Klaus Müller, vor drastischen Preiserhöhungen. „Jetzt werden erst die Gaspreissteigerungen des letzten Herbstes weitergegeben“, sagte Müller vergangenen Freitag in der ARD. Und das seien schon teilweise bis zu 80 Prozent gewesen. Seitdem habe sich der Gaspreis aber inzwischen sogar versechsfacht: „Das sind riesige Preissprünge, die noch auf die Verbraucher zukommen werden.“

Zittern vor Alarmstufe 3

Die Bundesnetzagentur habe bereits verschiedene Szenarien berechnet, sagte Müller: „Und die meisten Szenarien sind nicht schön und bedeuten entweder zu wenig Gas am Ende des Winters, oder aber schon, ganz schwierige Situation, im Herbst oder Winter.“

Der grüne Wirtschaftsminister Robert Habeck hat letzte Woche die zweite von drei Eskalationsstufen im Notfallplan Gas ausgerufen, die sogenannte Alarmstufe. Diese hat das Ziel, möglichst viel Energie freiwillig einzusparen. Die erste Stufe, die Frühwarnstufe, galt seit Ende März, also gut vier Wochen nach dem russischen Angriff auf die Ukraine, der die Energiepreise in die Höhe getrieben hat.

Russland hat nämlich seine Gaslieferungen über die Ostsee-Pipeline „Nord Stream 1“ bereits stark gedrosselt. Mit Sorge beobachten die deutschen Energieversorger und die Berliner Regierung die am 11. Juli beginnende Wartung der Gaspipeline „Nord Stream 1“. Der mehrtägige Prozess ist eigentlich jährliche Routine. Doch diesmal stellt sich die Frage, ob Russland den Gashahn nach zehn Tagen auch tatsächlich wieder aufdreht.

Im Ernstfall kommt es zu Schließungen

„Für die Firmen wären die Konsequenzen schrecklich und einschneidend“, warnte der Chef der Bundesnetzagentur. Dann würde die dritte Stufe des Notfallplans in Kraft treten. Müller machte deutlich, was das für schwerwiegende Folgen hätte. Dann könnten Industriefirmen nicht mehr so viel Gas kaufen, wie sie brauchen, sondern sie wären auf Zuteilungen der Netzagentur angewiesen. Private Haushalte wären zunächst nicht betroffen, solange wie das irgendwie möglich sei, sagte Müller.

Viele Industrieunternehmen bereiten sich jetzt mit eigenen Notfallplänen auf diese dritte Eskalationsstufe vor: Entweder auf Öl und Kohle umzusteigen – oder die Produktion deutlich zu drosseln. Das berichtet das „Handelsblatt“ auf Basis von Aussagen aus Unternehmen.

BASF und ThyssenKrupp im Krisenmodus

Der weltgrößte Chemiekonzern BASF rechnet laut „Handelsblatt“ zwar damit, den Produktionsverbund am Stammsitz Ludwigshafen „mit reduzierter Last“ weiterbetreiben zu können. Aber nur, sofern die gelieferte Gasmenge nicht „deutlich und dauerhaft unter 50 Prozent“ sinkt. In diesem Fall müsste der Produktionsstandort heruntergefahren werden. Auch beim Stahlkonzern ThyssenKrupp AG gilt 50 Prozent als die entscheidende Schwelle, unterhalb derer die Produktion eingestellt werden muss. Man bereitet sich auf alle Szenarien vor, hieß es, bis zur Stilllegung der Werke.


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