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"Wir sind Familie, uns gehört die Republik!"

Die Aussagen der Schlüsselfigur Thomas Schmid geben Einblick in den Machtrausch von Türkis/Schwarz.

"Türkise Familie": Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka, ÖVP-Klubobmann August Wöginger, Ex-Kanzler Sebastian Kurz, Ex-Finanzminister Gernot Blümel (v.l.).

"Türkise Familie": Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka, ÖVP-Klubobmann August Wöginger, Ex-Kanzler Sebastian Kurz, Ex-Finanzminister Gernot Blümel (v.l.). Foto: NFZ

Monatelang war er vom Erdboden verschluckt, jetzt ist er mit einem umso kräftigeren Lebenszeichen aufgetaucht: Thomas Schmid, die Schlüsselfigur bei der Machtübernahme der Kurz-ÖVP, hat mit seinen Aussagen bei der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft für Furore gesorgt. Jetzt will er am 3. November auch vor dem ÖVP-Korruptionsuntersuchungsausschuss erscheinen.

Auftauchen aus der Versenkung

Wenige Wochen vor dem Aus für den ÖVP-Korruptionsuntersuchungsausschuss kommt jene Schlüsselfigur ins „Hohe Haus“, nach der die Behörden seit Monaten angeblich vergeblich gesucht haben.

Thomas Schmid, Ex-Generalsekretär im Finanzministerium und Ex-Vorstand der staatlichen Vermögensverwaltung ÖBAG, will nach 15 „Tagsitzungen“ bei der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) in Graz jetzt auch in Wien vor dem U-Ausschuss erscheinen.

Schmids explosives Geständnis

Das hat zumindest sein Rechtsanwalt erklärt. Am 3. November, einen Tag nach der Sondersitzung des Nationalrats, in der ÖVP-Kanzler Karl Nehammer sich erklären muss, soll Schmid sich den Fragen der Abgeordneten stellen.

Fehlen wird aber einer, den Schmid vor der WKStA schwer belastet hat, Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka, der einen Auslandstermin wahrnehmen muss, wie sein Büro verlautbarte.

Nationalratspräsident kündigt "rechtliche Schritte" an

Der ÖVP-Nationalratspräsident und Vorsitzende des U-Ausschusses soll nämlich bei Schmid im Finanzministerium interveniert haben, worauf Schmid Steuerprüfungen bei der Erwin-Pröll-Stiftung und dem Alois-Mock-Institut gestoppt haben soll. Das Alois-Mock-Institut, dessen Obmann und Präsident Wolfgang Sobotka war, sorgte schon 2013 und 2014 für Schlagzeilen, als Geldflüsse des Glückspielkonzerns Novomatic aufgetaucht waren. Sobotka dementierte sämtliche Vorwürfe und kündigte rechtliche Schritte gegen Schmid an.

In Schmids Aussagen geht es auch um die Umfrage-Affäre, das berühmt-berüchtigte „Beinschab-Tool“, mit dem Sebastian Kurz an die Spitze der ÖVP geputscht und seine Machtübernahme im Bundeskanzleramt PR-mäßig vorbereitet wurde – organisiert und finanziert wurden die Umfragen über das Finanzministerium, veröffentlicht dann in der Tageszeitung „Österreich“.

Steuerersparnis für Benko und Wolf?

Laut Schmid sollen der Kanzlersprecher Johannes Frischmann und der ehemalige Leiter der Kommunikationsabteilung im Finanzressort, Johannes Pasquali, das umgesetzt haben, der Kanzler-Kommunikationsleiter Gerald Fleischmann und Kurz-Berater Stefan Steiner eingeweiht gewesen sein – und natürlich Sebastian Kurz auch.

Der präsentierte prompt ein heimlich mitgeschnittenes Telefongespräch mit Schmid, aufgenommen kurz nach den Hausdurchsuchungen in der ÖVP-Zentrale und im Bundeskanzleramt. Laut diesem seien alle Vorwürfe aus der Luft gegriffen.

Besonders pikant sind Schmids Aussagen zu Steuerangelegenheiten prominenter Kurz-Unterstützer wie dem Immobilien-Tycoon René Benkö und dem Industrie-Manager Siegfried Wolf. Beide sollen über Schmid zu für sie vorteilhafteren Steuerbescheiden gekommen sein.

Auch ÖVP-Klubchef Wöginger betroffen

Neben Sobotka taucht noch ein weiterer hoher ÖVP-Politiker im „Schmid-Geständnis“ auf: ÖVP-Klubchef August Wöginger. Die WKStA ermittelt gegen diesen wegen des Verdachts auf Anstiftung zum Amtsmissbrauch. Er soll bei Schmid 2017 die Bestellung eines oberösterreichischen ÖVP-Bürgermeisters zum Vorstand des Finanzamts für Braunau, Ried und Schärding erwirkt haben. Wöginger wies die Anschuldigungen zurück und betonte, keinen Einfluss genommen zu haben. Das Bundesverwaltungsgericht hat aber mittlerweile bestätigt, dass mit dem ÖVP-Bürgermeister der weniger qualifizierte Kandidat zum Zug gekommen sei.

Schwarze Netzwerke bedrohen Demokratie

„Die ÖVP hat kein Korruptionsproblem, sie ist das Korruptionsproblem“, erklärte FPÖ-Chef    Herbert Kickl nach dem Publikwerden der Schmid-Aussagen. Er forderte Bundespräsident Alexander Van der Bellen und die Klubobleute der anderen Parteien dazu auf, Druck für einen sofortigen Rücktritt von Nationalratspräsident Sobotka zu machen – auch vom Vorsitz des U-Ausschusses, wie der freiheitliche Fraktionsvorsitzende, Christian Hafenecker einmahnte: „Die dokumentierten Machenschaften zeigen die demokratie- und rechtsstaatsgefährdende Dimension dieser schwarzen Netzwerke auf, in denen auch Wolfgang Sobotka mitten drin, statt nur dabei war.“


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