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04. Mai 2018 | Europäische Union

Brüsseler Zahlentricks zum neuen EU-Budget

Die EU-Kommission lässt Brutto für Netto gelten, um trotz Brexit besser dazustehen.

Zwischen 10 und 13 Milliarden Euro fehlen wegen des Austritts Großbritanniens jährlich im EU-Budget. Dennoch will die EU-Kommission in der Finanzperiode 2021 bis 2027 mehr Geld ausgeben. Doch die Nettozahler wehren sich gegen neue Belastungen, und auch die Nettoempfänger wollen nicht auf ihre Zuschüsse verzichten.

Schrumpfende EU-Wirtschaftsleistung

Wegen des Brexit und der dadurch schrumpfenden EU-Wirtschaftsleistung will Brüssel mehr Geld ausgeben. Statt aktuell ein Prozent des Bruttonationaleinkommens sollen es bis zu 1,18 Prozent sein.

Kalkuliert wird das Budget zu den Preisen von 2011, weil die damalige Kommission 2011, bei der Erstellung des auslaufenden Budgetrahmens, diese Zahlen für den nachfolgenden bereits vorgelegt hat. 963,5 Milliarden Euro will Brüssel für die gesamte Sieben-Jahres-Periode, das sind unter Berücksichtigung der Inflation 1.279 Milliarden Euro.

Sparvorhaben in der Kritik

Größter Posten ist bisher mit fast 39 Prozent die Agrarpolitik und ländliche Entwicklung. Es folgen mit 34 Prozent die Strukturhilfen für Regionen. Die Förderung von Forschung und Technologie hat einen Anteil von 13 Prozent, Außenpolitik und Verwaltung kommen auf jeweils sechs Prozent.

Wie Haushaltskommissar Günther Oettinger angekündigt hat, sollen die Agrarzahlungen und Strukturmittel um je sechs Prozent sinken, die Ausgaben für Forschung um 40 bis 50 Prozent steigen und das Budget für „Erasmus Plus“, mit dem die EU Auslandsaufenthalte von Studenten und Praktikanten unterstützt, verdoppelt werden.

Zahlentrickserei zur Verschleierung

Um die geweckten Erwartungen zu diesem Füllhorn, etwa zu „Erasmus Plus“, nicht zu enttäuschen, greift die Kommission zu einem Finanztrick: Sie will die Zahlen für die Finanzrahmen nicht, wie üblich, in festen Preisen, sondern zu laufenden Preisen vorlegen. Der Haushalt wirkt so größer als er ist.

Zuletzt hatte die Kommission für das Erasmus-Programm nicht einmal 25 Milliarden Euro für die Jahre 2021 bis 2027 veranschlagt, auf Basis fester Preise von 2018. Aber Kommissionschef Jean-Claude Juncker hatte den Studenten eine Verdoppelung der Mittel, also 30 Milliarden Euro, versprochen. Mit den verwendeten laufenden Preisen wurden aus den 25 Milliarden beinahe 29 Milliarden Euro.

Zerreißprobe für die EU

Wie genau die Kommission die Interessen von Nettozahlern und Nettoempfängern in Einklang bringen will und kann, ist offen. So will Deutschland die Mittelauszahlung stärker von Strukturreformen abhängig machen und zusätzlich die Bereitwilligkeit bei der Flüchtlingsaufnahme miteinberechnen. Dies ginge zu Lasten osteuropäischer Staaten, die an der EU-Flüchtlingsverteilung nicht teilnehmen wollen.

Die deutsche Wirtschaft warnt vor steigenden EU-Beiträgen Deutschlands, bis zu vier Milliarden pro Jahr, und verlangt Einsparungen und Umschichtungen. Aber gegen Kürzungen im Agrarbereich haben bereits die mächtigen Bauernverbände aus Deutschland und Frankreich in Brüssel mobil gemacht.

Kommission will gut dastehen

Von den Drohungen zeigt sich die Kommission bisher unbeeindruckt. Für die Öffentlichkeit gibt es einmal schöne Zahlen, sprich Mehrausgaben. Wenn der EU-Rat und das Europaparlament nicht mitspielen, kann sie diesen dann den schwarzen Peter zuschieben.


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